Bardesign: Intime Exponiertheit
Architekten schälen aus dem Alten Neues: gern auch in Form von Bars, in die die Gäste fast so viel Inhalt einbringen wie die Gestalter.
…Niederschwellig. Auch die Bars, die das Architekturbüro Tzou Lubroth in den letzten Jahren gestaltetet hat, verbarrikadieren sich nicht unnahbar hinter dicken Türen. „Wir sehen Lokale als semiöffentliche Räume“, erzählt Gregorio Lubroth, „in Bars verbinden sich private und öffentliche Merkmale, Intimität und Exponiertheit, Voyeurismus und Exhibitionismus.“ Diese Gegensätze auszubalancieren, in diesem Kunststück übt sich das Architekturbüro schon seit einigen Gastronomie-Projekten. Irgendwann sind sie auch dem Ruf eines Erdgeschoßlokals gefolgt, in der Gumpendorfer Straße. Und irgendwie haben sie es auch als Bar-Aufruf an sich selbst verstanden: Sie entwarfen, bauten selbst mit Freunden, und betreiben sie nun auch, zusammen mit Gastronom Fridolin Fink. In der Bar If Dogs Run Free haben die Gestalter gar nicht so viel Inhalt dagelassen, denn die Gäste bringen ihn ohnehin mit und ein. Gestalterische Zurückhaltung war dafür die passende Geste, empfand das Architekturbüro. Die Cocktailkultur dabei nur das Hintergrundrauschen. Ein niederschwelliger Ort sollte es sein, sagt Lubroth. Wo man zu jedem Cocktail nicht unbedingt ein Hintergrundgespräch braucht, um ihn zu verstehen. Markant: die Decke. Sowieso eine vernachlässigte Fläche, wie Lubroth meint. Deshalb schenkte er ihr hier extraviel Aufmerksamkeit: ein spitz gefaltetes Gebirge, das Kopf steht. Später bekam die Bar noch eine Schwester. Eine ganz andere Persönlichkeit, bunter, greller, wo man auch tiefer in der Cocktailkultur rühren darf. Das Architekturbüro Tzouh Lubroth zog aus, die Miranda-Bar zog ein, in der Esterhazygasse. Drei Dinge konfigurieren eine gute Bar, sagt Lubroth: „Das Konzept, das Design und die Location.“ Aber ebenso: „Akustik und Beleuchtung.“ Wie auch in der letzten Bar, die das Büro gestaltete. Im Birdyard in der Lange Gasse spannt sich ziemlich viel Schwarzraum auf, zwischen den beleuchteten Tischen und bestrahlten Wänden. Auf sie hat der rumänische Künstler Saddo eine Vogelwelt gemalt. „Dabei ist der Maßstab gestalterisch essenziell“, sagt Lubroth, „die Vögel müssen so groß sein, damit sie die Wirkung evozieren, man sei selbst die Ameise“. Denn wenn die Vögel geschrumpft wären, „dann wäre es nur Dekoration“… Ohne Effekt auf das Gefühl der Gäste.
(Norbert Philippi, Schaufenster, Die Presse, 21.09.2018)